Wir wollten eigentlich Botias haben, entdeckten aber zu spät, dass unser 80er Becken dafür zu klein ist und dann stands schon. Da wir auf Schmerlen aber trotzdem nicht verzichten wollten entschieden wir uns dann im Sommer 2011 für die Yunnanilus (sie heißen übrigens inszwischen Micronemacheilus cruciatus), da sie offenbar mit unserem kleinen Becken keine Probleme haben würden. Da sie im Handel so nur selten anzutreffen sind, bestellten wir unsere über tropicwater.eu und bekamen 10 gesunde Jungtiere. Gleich zu Beginn fielen sie als sehr lebhafte Fische auf, die viel und schnell und besonders gern in der Strömung spielten. Sie zeigten und zeigen sich bis heute als offenbar sehr robuste Fische (möglicherweise auch dem guten Händler geschuldet), die bisher einiges an Wasserwertschwankungen (vom sehr harten Kölner Leitungswasser zu Osmosewasser) mitgemacht haben ohne je schwach oder krank zu werden oder überhaupt irgendetwas zu haben (natürlich wechseln wir wöchtentlich 2/3 Wasser und haben Erlenzäpfchen uä im Becken). Die zuerst sehr schmalen Fische wurden relativ schnell größer und die Weibchen sehr gut erkennbar fülliger, so dass sie jetzt mit etwa 5 cm wohl ausgewachsen sind.
Zu Beginn waren sie sehr aktiv und man sah sie oft, häufig bewegten sie sich auch gen Fütterungszeit in "Suchtrupps" durch das Becken um die Lage zu peilen. Zu dieser Zeit waren sie noch häufig als Schwarm unterwegs. Inzwischen sind die adulten Tiere aber deutlich reviergebundener geworden. Sie verbringen ihren Tag zumeist damit versteckt zu ruhen und auf das Futter zu warten. Jede Schmerle hat ihren Ruheplatz, auch wenn sie selten weit voneinander weg sind, ist diese ausgeprägte Gruppenbildung vom Anfang schon lange verschwunden. Sie verstecken sich an den unmöglichsten Stellen auch in den unmöglichsten Postitionen, Kopfüber oder Kopfunter scheint offenbar gemütlich zu sein. Gern nehmen sie eine gemeinsam bewohnbare Höhle in Form einer mit überhängendem Moos bewachsenen Wurzel an, oder jedenfalls irgendwas wo sie sich gut verstecken können, und auch möglichst viele irgendwo ihren Schlafplatz finden können. Ein vollständig bewachsenes Becken mögen sie zwar prinzipiell gerne, zeigen sich aber weniger und sind weniger aktiv, wenn der Schwimmraum knapp wird. Kleine Einzelappartments in Form von Tonröhrchen werden auch nach gewisser Beobachtungszeit gern angenommen. Inzwischen sind unsere sehr sehr scheu geworden, was wir auf das langsame Schwinden der Bärblinge zurückführen, offenbar brauchen sie genug aktive Oberflächenfische um sich sicher zu führen. Ob das wirklich der Grund ist, werden wir wissen, wenn wir die Bärblinge austauschen können. Wenn man sie mal wirklich richtig erschrickt, können sie sich übrigens wunderbar totstellen, werden kreidebleich und kippen um, ein paar Minuten später wacht die Schmerle wieder auf und huscht dann weg. Sie sind auch deutlich tagaktiv, nachts werden sie blass und ruhen deutlich erkennbar.
Bei uns sind sie mit Zebrabärblingen, Corydoras pygmaeus, Amanogarnelen sowie Geweihrennschnecken vergesellschaftet und kommen soweit mit allen zurecht. Bereits als Jungtiere zeigten sie keinerlei Respekt vor den, damals doch deutlich größeren und auch recht ruppigen Bärblingen und waren schnell und frech am Futter. Die Corys werden geflissentlich ignoriert und auch in keiner Weise gestört, inzwischen meinen wir oft zu beobachten, dass die Corys sich gerne den selbstbewussteren Schmerlen anschließen und in ihrem Schatten durchs Becken ziehen. Einzig die Amanos sind Ziel einzelner Futterstreifzüge, eiertragende Weibchen werden verfolgt und ihnen wird unter den Rock gegangen um die Eier zu stibitzen. Da wir unsere Amanos nicht züchten möchten und sie bisher auch keine Garnele verletzt oder stärker beunruhigt haben (die Garnelen titschen weg und futtern einfach woanders weiter) tolerieren wir das. Von der Vergesellschaftung mit Zwerggarnelen würde ich aber lieber Abstand nehmen, denn was die großen adulten Amanos nicht sonderlich in Bedrängnis bringt, kann für so eine kleine zierliche Zwerggarnele doch eher ungemütlich werden. An die Aufzucht jeglicher Jungfische oder sicherlich auch Junggarnelen im Becken mit den Schmerlen braucht auch nicht gedacht zu werden, da sind sie rabiat und bisher ist bei uns nichts auch nur sichtbar groß geworden (nicht dass unsere Schmerlen nicht balzen würden und die Bärblinge keine Eier legen würden).
Die Schnecken ignorieren sie, genauso die kleinen Turmdeckelschnecken, ist aber eine Schnecke krank, geschwächt, sterbend, oder gar schon tot, balgen die Schmerlen sich wie toll darum und von der Schnecke bleibt schnell nix mehr übrig. Ich denke aber, einer Schneckenzucht stehen sie nicht im Wege, an gesunde Tiere gehen sie eigentlich nicht und unsere Turmdeckelschnecken vermehren sich zumindest.
Gefüttert werden sie bei uns abwechslungsreich mit Lebendfutter (Artemia, Tubifex, MüLas, Daphnien, Nauplien), Frostfutter sowie Trockenfutter und gelegentlich auch mal mit frischem Grünzeug und Futtertabletten. Generell gehen sie an alles dran, wenn sies mal kennengelernt haben. Lebendfutter wird natürlich bevorzugt auch, weil sie sehr geschickte und freudige Jäger sind.
Allerdings, grade hier sicher nützlich zu erwähnen, haben sie die ungünstige Angewohnheit leckeres Futter auch bis tief in die Bodendecker (und auch in den Boden selber) zu verfolgen, wühlen sich mit größter Freude durch HCC und ähnliches und bauen kleine Tunnelsysteme darunter um dann (mit Hilfe der Amanos) die Pflanzen entgültig auszurupfen.
Für ein 50er Becken halte ich sie übrigens für wesentlich zu verspielt und auch später zu revierbewusst. Ich würde sie nicht in weniger als ein 80er Becken einsetzen.
Eine Zucht haben wir nie versucht, obwohl die Tiere durchaus Balzen und vermutlich auch Laich liefern, der aber bei den Schmerlen, Nelen und Corymäulern keine Chance hat je zu irgendwas sichtbarem zu werden.
Ich würde sie auch nicht in zB ein Iwagumi setzen, da sie doch ihre Verstecke und Rückzugsmöglichkeiten benötigen, zumindest eine verkrautete Ecke sollte man ihnen zugestehen.
Alles in allem sind es aber sehr nette kleine Fische, die dem Betrachter aufgrund ihrer Verspieltheit und ihres ausgeprägten Verhaltens viel Freude bereiten werden.