Anmerkungen zu "Auswahl und Anzahl LED Leisten für 720l Becken"

Wuestenrose

Well-Known Member
Hallo zusammen,

ich will den Thread nicht hijacken und fasse meine Kommentare deshalb in einem eigenen Thread zusammen. Wo fange ich an? Am besten damit:


  1. Daran läßt sich schon einiges zeigen. Fangen wir oben bei der LED an. Nackte LEDs haben üblicherweise eine Halbwertsbreite von um 120 ° herum. Das bedeutet aber nicht, daß innerhalb dieser 120 ° eine gleichmäßige Abstrahlung erfolgt. Nackte LEDs sind in guter Näherung Lambert-Strahler, d. h. die Strahlungsstärke der LED in Abhängigkeit vom Abstrahlwinkel folgt dem Kosinus des Winkels. Zudem leuchten wir keine Kugelinnenfläche, sondern plane Flächen aus, so daß sich der Gesamtproportionalitätsfaktor zu cos³(?) ergibt. Hier im Forum habe ich das schon mal genauer erläutert. Das schöne daran: Die Halbwertsbreite sinkt von ± 60 ° auf ± 37,5 °. Das nicht so schöne: Innerhalb dieser 75 ° strahlt die LED nur etwa 60 % ihres Gesamtlichtstroms ab, 40 % gehen nebenhin.

    Kommen wir zur Wasseroberfläche. An jeder Grenzfläche zwischen zwei Medien mit unterschiedlichen Brechungsindizes wird das Licht bereits bei senkrechtem Durchgang reflektiert, beim Übergang Luft -> Wasser sind das 2 %. In der Grafik habe ich nicht die Reflexion, sondern die Transmission aufgetragen, also den Anteil, der die Wasseroberfläche durchdringt:

    Transmission_Wasser.png

    Der Winkel ist, wie in der optischen Physik üblich, als Abweichung vom Lot angegeben, also entspricht 0 ° senkrechtem Lichteinfall, 90 ° waagerecht (parallel zur Wasseroberfläche). Bis hin zu knapp 70 ° bleibt die Transmission bei über 90 %, erst dann nimmt sie zu. Bei (z. B. durch Wind) gekräuseltem Wasser sinkt die Transmissionsrate nicht etwa, sondern sie steigt sogar.

    Kommen wir zur Seitenscheibe. Da das Verhältnis der Brechungsindizes von Wasser und Glas kleiner ist als der von Luft und Wasser, tritt nennenswert Reflexion erst bei noch flacherem Lichteinfall auf als an der Wasseroberfläche:

    Transmission_Wasser-Glas.png

    Interessanter wird's an der Grenzfläche Glas -> Luft. Da hier der Übergang vom optisch dichteren ins optisch dünnere Medium geschieht, findet hier ab etwa 42 ° Totalreflexion auf:

    Reflectance_Glas-Luft.png

    Dummerweise wird das an dieser Grenzfläche reflektierte Licht an der Grenzfläche Glas -> Wasser wieder zum teil reflektiert, zum Teil gelang es ins Wasser zurück. Kann man beliebig tief iterieren, wenn man Zeit und Lust dazu hat. Meines Erachtens darf man den Effekt des von den Seitenscheiben ins Wasser zurückreflektierte Licht nicht überbewerten. Erstens lassen schon dünne Schichten Biofilm den Effekt in Richtung Null tendieren und zweitens funktioniert das auch nur bei auf die Aquarienmitte zentrierten Scapes, bei denen das Licht frei auf die Seitenscheiben treffen kann.

    Eine 4 mm dicke Floatglasscheibe hat übrigens einen Transmissionsgrad von etwa 90 %. 8 % der verlorengegangenen 10 % gehen auf's Konto der Grenzflächenreflexionen, 2 % sind Absorptions- und Streuverluste im Glas. PMMA ist etwas besser, aber die 8 % Reflexionsverluste bleiben auch da.

    Und Prozent sind natürlich Prozent. Messe ich unter einer Lichtquelle eine Beleuchtungsstärke von z. B. 10 Kilolux, dann bleiben davon noch 9 klx übrig, wenn ich eine Glasscheibe vor's Luxmeter halte.

  2. Höher oder tiefer?

    Höher natürlich! Warum? Die Lichtausbreitung von Punktstrahlern wie es eine einzelne LEDs näherungsweise ist, unterliegt dem quadratischen (1/r²) Abstandsgesetz, das heißt, bei einer Verdopplung (× 2) des Abstands sinkt die Beleuchtungsstärke auf ein Viertel (1/2²). Hänge ich jetzt eine LED 10 cm über der Wasseroberfläche auf, dann kommt am 30 cm tiefer liegenden Bodengrund (ohne Berücksichtigung der Einflüsse des Wassers und der Seitenscheiben) nur noch 1/3² = 1/9 der Beleuchtungsstärke an der Wasseroberfläche an. Hänge ich die LED jetzt 20 cm über's Wasser, dann sind es schon 4 mal mehr, nämlich 2²/3² = 4/9. Voraussetzung für die praktische Umsetzung ist natürlich, daß ich durch Optiken das Licht auf die Wasseroberfläche bündele.

    Bei LED-Leisten ist es etwas komplizierter. Man kann sie näherungsweise als Linienstrahler auffassen, aber nur in deren Nahfeld, also etwa bis zu etwa der halben Länge als Abstand. Für Linienstrahler gilt eine (1/r)-Abhängigkeit, obige Zahlen ändern sich zu 1/3 und 2/3, was bedeutet, daß "nur" noch das doppelte und nicht mehr das vierfache unten ankommen. Stimmt aber wegen der endlichen Länge der LED-Leiste auch nicht mehr, so daß sich in der Praxis ein Proportionalitätsfaktor ergeben wird, der irgendwo zwischen (1/r) und (1/r²) liegen wird. Dazu kommt, daß die Auswahl von Optiken für LED-Leisten deutlich geringer ist als die für COB-LEDs.

    Sehr interessant in diesem Zusammenhang sind die von LED-TECH angebotenen 28-fach- und 160-fach-LED-Module. Für die gibt es von Ledil passende Optiken, die zudem die LED-Platine wasserdicht nach unten abdichten. LED-TECH bestückt auf Wunsch, gegen einen bezahlbaren Aufpreis, die Module auch mit anderen LEDs aus der LM301B-Reihe, erwähnenswert sind hier die 4000-K- und 5000-K-CRI90-Versionen.

  3. Lux oder Lumen pro Liter?

    Lux natürlich. Lumen pro Liter sind nichts mehr als eine Hoffnung, es würde genügend Licht ankommen. Zudem liefert die Formel für kleine Aquarien zu geringe und für große Aquarien zu hohe Lumenwerte. Lux dagegen kann man messen, präzise Luxmeter sind schon für einen mittleren zweistelligen Euro-Betrag zu bekommen.

    Apropos messen: Wenn's irgendwie geht, messt eure Selbstbauten nach. Im Idealfall simuliert ihr diese vorher in (kostenlosen) Programmen wie Relux oder DIALux. Die Simulationsdaten der Optiken kriegt ihr von den Herstellern wie Ledil oder Carclo. Ich kann's euch nur dringend ans Herz legen, da kommen teils erstaunliche Ergebnisse heraus, die auch mich noch überraschen. Ich habe meine letzten Beleuchtungen alle vorher simuliert.

Apropos der Vollständigkeit halber… Meine letzte Messung LED gegen Leuchtstofflampe ist schon etwas länger her. Ich hab die im Juli mal mit aktuellen LEDs wiederholt:

Eine Osram TL5 HO 24W/840 (4000 K, CRI 80)

2020.07.04_14-52-12_DSC0074.jpg

erzeugt, bestückt mit einem JBL Solar Reflect und betrieben an einem Osram QTi 1X14/24/21/39/220-240GII, in einer Römpp-Buchhöhe Abstand zum Luxmeter, eine Beleuchtungsstärke von 6,78 Kilolux und nuckelt dabei 27 Watt aus dem Netz:

Leuchtstofflampe.jpg

Das macht 0,25 klx/W.

Ein 50cm Alustreifen mit 98x Samsung LM301B (4000 K, CRI 90) erzeugt, betrieben an einem VS LEDLine ECXe 500.010, 6,01 klx bei 11,78 Watt:

LED.jpg

Das macht 0,51 klx/W. Der LED-Streifen ist, von der Steckdose bis zur Wasseroberfläche gemessen, doppelt so effizient wie die Leuchtstofflampe und besitzt mit CR90 auch noch die bessere Lichtqualität! Dabei habe ich den LED-Streifen auch noch kastriert, d. h. mit einer 8 % schluckenden PMMA-Scheibe davor gemessen.


In diesem Sinne…
Robert
 

strauch

Active Member
Hallo Robert,

vielen Dank für deinen Beitrag. Kannst du ein Lux Messgerät empfehlen? Ich hab zwar ein Spektralphotometer, damit will ich aber nicht an Aquarien rumhantieren.
 

Andrej

Active Member
Hallo Robert,

ich habe mit dem "VOLTCRAFT MS-200LED SE" Messungen an verschiedenen LED's zu Hause (Hausbeleuchtung) durchgeführt. Um zu einem: die "lm"-Angaben zu überprüfen und zu anderem die Alterung zu bestätigen.
Dabei kamm ich auf ein Abstand von ziemlich genau 0,5m (nur bei neuen LED's) bei dem die Herstellerangaben und angezeigter Wert identisch waren. Ist es irgendwie definiert oder vorgegeben?

Das macht 0,51 klx/W. Der LED-Streifen ist, von der Steckdose bis zur Wasseroberfläche gemessen, doppelt so effizient wie die Leuchtstofflampe und besitzt mit CR90 auch noch die bessere Lichtqualität!
Wie sieht es mit der Alterung aus?
Ich habe diesbezüglich mit einem Hersteller telefoniert und der meinte, dass viele Verkäufer geben die Labortwerte die zu dem auch nur bei neuen LED's zu messen sind an. Nach gewisser Zeit geht der Lichtstrom runter und bleibt dann für lange Zeit konstant. Hast Du da Erfahrungen?
 
Zuletzt bearbeitet:

Wuestenrose

Well-Known Member
'N Abend...

... VOLTCRAFT MS-200LED SE...
Das hätte ich auch empfohlen. Auf jeden Fall eines mit externem Sensor.

Um zu einem: die "lm"-Angaben zu überprüfen...
Wie willst Du mit einem Beleuchtungsstärkemesser den Lichtstrom messen? Das geht nur relativ zu einem Vergleichsnormal und mit einem Strahlungssammler.

Wie sieht es mit der Alterung aus?
Gute Daten dazu findest Du beispielsweise bei Cree, das sieht aber bei anderen Herstellern ganz ähnlich aus. Moderne LEDs erreichen L90-Werte (=die Zeit, nach der der Lichtstrom auf 90 % des 1000-Stunden-Werts gesunken ist) von um 50.000 Stunden. Ältere LEDs erreichen nach dieser Zeit teils nur noch 70 %.


Viele Grüße
Robert
 

Wuestenrose

Well-Known Member
Hallo,

vergleichend kannst Du natürlich schon messen. Du misst in einem definierten Setup eine bestimmte Beleuchtungsstärke. 10.000 Betriebsstunden später misst Du im selben Setup wieder. Daraus kannst Du den relativen Rückgang errechnen, da Lumen und Lux miteinander verknüpft sind.

Was ich oben noch vergessen habe ist die Lichtbrechung an der Wasseroberfläche. Die kommt uns zugute, weil beim Übergang vom optisch dünneren zum optisch dichteren Medium der Lichtstrahl zum Lot hin gebrochen wird, sich der Abstrahlwinkel also verengt. So werden aus den 120 ° einer nackte LED unter der Wasseroberfläche 91 °.


Viele Grüße
Robert
 
Zuletzt bearbeitet:

Andrej

Active Member
Du misst in einem definierten Setup eine bestimmte Beleuchtungsstärke. 10.000 Betriebsstunden später misst Du im selben Setup wieder. Daraus kannst Du den relativen Rückgang errechnen, da Lumen und Lux miteinander verknüpft sind.

Hallo Robert,
genau so mache ich. So habe ich mir das auch vorgestellt. Für die einzelnen Röhren habe ich einen Adapter gefertigt um seitlichen Lichtstrahl zu eliminieren. Und für komplette Lampen nahm ich bestimmte Stelle mit bestimmten Abstand. Nach ca. 4-5 Wochen konnte ich bereits einen Rückgang (bei neuen Röhren) messen. Seitdem sind die Werte (+-) stabil.

Wie willst Du mit einem Beleuchtungsstärkemesser den Lichtstrom messen?
Da muss ich mich noch erkundigen. Wobei es momentan keine große Rolle spielt. Ich wollte mein Luxmeter einfach testen, ob die Angegebene und Angezeigte Werte identisch sind.
 
Zuletzt bearbeitet:

Andrej

Active Member
Hallo,

jetzt musste ich auf schnelle neue Lampe für Juwel-Aquarium besorgen. :(
Da ich nicht wirklich Zeit zum Aussuchen hatte, besorgte ich mir eine HeliaLux Spectrum 60W. Da kann man nicht viel falsch machen, dachte ich mir...
Vor dem Einsatz habe ich mit Luxmeter (VOLTCRAFT MS-200LED SE) und Stromkostengerät (von Discounter) gemessen. Alle Daten werde ich später evtl. im extra Therad auflisten. Erstmal das wichtigste:

Alte Lampe
T5-Leuchtbalken 2x54W (Day + Colour, beide neu), mit 2 alten Juwel/JBL - Reflektoren (13 & 6 Jahre alt) mittig gemessen:
in 20cm = 10470 Lux
in 50cm = 3300 Lux

Etwas später habe ich Colour durch 3,5 Jahre alte "Day"-Röhre ersetzt (also 2x Day):
in 20cm = 13400 Lux
in 50cm = 4700 Lux

Und die Entäuschung:
Neue Lampe
HeliaLux Spectrum 60W
in 20cm = 9630 Lux (je näher, desto weniger LED's leuchten auf den Sensor, deswegen sind 20cm in dem Fall nicht wirklich relevant)
in 50cm = 3400 Lux
in 50cm (gesteuert auf 100% durch Controller) = 3340 Lux

P (Lampe mit Controller) = 49W (?)
I (Lampe mit Controller)= 0,21A
I (Controller) = 0,03A

Ich weiß, dass so ein Vergleich nicht ganz korrekt ist. Man sollte die Lichtfarbe bei Helialux mit entsprächenden Faktor multiplizieren usw.
Aber, bei T5 habe ich auch keinen Faktor verwendet. Auch, dass Leuchtstoffröhre in der Mitte heller als an der Seiten sind, ist auch klar.
Wenn ich jetzt mein Aquarium anschaue, dann ist alles irgendwie ein bischen dunkler. Zwar farbiger aber dunkler.
Überrascht bin ich schon. Vor allem wenn ich den Preis sehe. Stromersparnis bei z.B. 10h Beleuchtung und bei 0,31 Cent/kWh wäre ca. 60 € im Jahr. Da könnte ich ca. 4 Jahre meine alte Lampe verwenden bis ich auf den Preis von LED komme. Und nach 4 Jahren werden die LED's noch günstiger...

Gestern habe ich bereits einen neuen EVG für ca. 14€ bestellt und werde bei meiner T5-Leuchtbalken wieder, wie vor genau 9 Jahren (auch zu Weinachten :) ) tauschen und verkleben. Ob beide Balken gleichzeitig zum Einsatz kommen oder wird T5 als Reserveleuchte rum liegen wird, weiß ich noch nicht.
Den LED-Controller werde ich zurückgeben.
 
G

Gelöschtes Mitglied 17304

Guest
Hallo Andrej. Hast du echt geglaubt das die Helialux mit der Hälfte der zugeführten Energie genauso Viel Licht produziert? Bei Led wird viel schön geredet damit der Preis gerechtfertigt wird und die Kaufentscheidung beeinflusst. Ich habe sie auch( Helialux), mag aber die Spielerein mit Sonnenuntergang, deshalb behalte Ich sie. Ein Test mit HCI wäre interessant, was die wirklich leisten. LG Micha
 
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