Die zauberhafte Welt der Cryptocorynen Teil 2

helge donath

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Die zauberhafte Welt der Cryptocorynen Teil 2


Schwer hängt die von Hitze und Wasser geschwängerte Luft im, mit diffusen Licht befeuerten Wald und die die Nässe dringt durch jede Pore von Haut und Kleidung, die allein dem Zweck dient, die omnipräsenten Blutegel fern zu halten. Kaum bekommt man Luft. An richtiges Durchatmen ist nicht zu denken. Jeder Schritt im kittigen Morast wird zur Kraftanstrengung. Dennoch muss er weiter. Er muss seinen Schatz finden und dieser ist ohne das anstrengende Drumherum nicht zu erobern. Also weiter!
Stunden vergehen ehe der Wald sich lichtet. Er bleibt stehen, schließt die Augen zu kleinen Schlitzen, um besser sehen zu können. Plötzlich ertönt ganz in der Nähe ein gefährliches Raunzen. Der Schreck lässt ihn zur Salzsäule erstarren. Oh ja! Dieses Geräusch war ihm bekannt. Er hat es schon oft gehört, im Berliner Tiergarten. Es gehört einem Tiger.
Stille. Stahlharte Anspannung. Die Nerven kurz vor dem zerreißen. Raunz!
Wie vom Teufel verfolgt rast er los, soweit ihn die Beine tragen. Sumpf und Gestrüpp scheinen nicht zu existieren. Wie wild auch sein Keuchen. Laufen. Laufen. Stürzen. Mit dem Gesicht ins Wasser! Er schüttelt den Kopf, hebt ihn ein wenig an und erblickt direkt vor seiner Nase-Seinen Schatz!

Schweißgebadet von seinem geträumten Abenteuer, erwacht der zehnjährige Bengel, braucht eine Weile sich zu fassen und erinnert sich an die gestrige Aktion mit seinem Vater. Der hatte mit ihm gemeinsam, nach wochenlanger Quengelei, ein Sumpfaquarium eingerichtet und von einem Freund ein paar dieser seltsamen, braunblättrigen Wasserkelche bekommen.
Der Bengel erhebt sich von seinem Lager, wackelt zur Vitrine, drück sich die Nase an der Frontscheibe platt und sucht- nach Blüten!

Intermezzo
Pflanzenerwerb:
Heute ist man geneigt alles perfekt zu machen. Pflanzen sollten aus den gleichen Herkunftsgebieten kommen und die Arten sollten nach Größe zueinander passen.
Als ich der kleine Bengel von oben war, hatten wir andere Prioritäten. Zunächst musste man sich mit dem zufrieden geben, was da war und das war oft sehr wenig und noch weniger abwechslungsreich. So nahm man alles was man kriegen konnte und sortierte später aus, tauschte mit Vereinsfreunden oder enthusiastischen Mitarbeitern, diverser Botanischer Gärten, deren Angebotspalette durchaus dem heutigen Niveau glich und die sich über die eine oder andere Neuheit freuen konnten.
Also die Anschaffung. Zunächst muss man sich über seine Möglichkeiten im Klaren sein. Die großen Arten, wie C. usteriana, C. balansae, C. affinis brauchen zumindest soviel Platz, dass man sie semiermers kultivieren kann. So haben sie die Möglichkeit, in ein emerses Wachstum über zu gehen, ohne einen unschönen, totalen Blattverlusst. Davon sterben sie zwar nicht zwangsläufig, es dauert aber recht lange, bis sie sich wieder erholt haben.
Gehen wir davon aus, sich mit eher kleineren Arten auszustatten. Hier bietet der Handel eine Standartpalette. C. willisi, C. legroi, C. beckettii, alle möglichen C. wendtii- Formen, C. albida, C. spiralis, hin und wieder die „Braune von Bangkok“ – C. cordata, die schon etwas größer wird. Alles gute und schöne Anfängerpflanzen.
Bei der emersen Kultur läuft man auch nicht Gefahr, dass die Pflanzen an der mysteriösen „Cryptocorynenkrankheit“ leiden, ihnen also alle Blätter abfaulen. Die Pflanzen wachsen also ganz natürlich weiter.
Ich selbst habe bisher zwei Vitrinen. Eine mit Schiebetür, mit einer Höhe von 1.20 m, einer Tiefe von 50 cm und einer Breite von 80cm.Diese habe ich mit etwa 20cm Regenwasser gefüllt. Zusätzlich in den lichtarmen Monaten, wird sie von einer handelsüblichen, pflanzenwachsfördernden und einer Weißlichtneonröhre, für zwölf Stunden bestrahlt, um den tropischen Kurztag zu simulieren.
Die andere Vitrine ist einfach ein Hundert Liter Aquarium mit derselben Wasserhöhe und einer schlichten Plexiglasplatte. Ich lasse einen seitlichen Lüftungsschlitz von etwa 3cm.
In der großen Vitrine geht die relative Luftfeuchte, trotz mehrmaligem Sprühen täglich, nie über 70%. In der kleineren Vitrine ist die Luftfeuchtigkeit so hoch, dass die Pflanzen niemals völlig abtrocknen. Inwieweit welche Arten besser hier oder da wachsen, möchte ich später beschreiben.
Beide Becken werden mit entsprechenden Heizstäben versorgt, die das Wasser auf eine Temperatur von etwa 27- 28 Grad Celsius erwärmen.
Es sollte auf jeden Fall Regenwasser sein, weil sich durch das stetige Verdunsten der Kalkgehalt des Wassers erhöht, was den Pflanzen langfristig schadet.
Nach dem Erhalt topfe ich die Pflanzen aus, verzichte bewusst auf das, bei Gärtnern übliche Wurzel beschneiden und setze sie in ein gut drenagiertes Substrat aus einfacher Blumenerde, Quarzsand und hart gesintertem Blähton.
Letzteres ist wichtig, weil der Ton der weitverbreiteten Firma, mit dem Namen einer babylonischen Prinzessin, sich mit der Zeit auflöst und das Substrat verkittet.
Es wird viel und das bei jeder botanischen Fachrichtung, über die optimalen Mischungsverhältnisse diverser Bestandteile orakelt, mit geradezu religiöser Inbrunst. Als Gärtner mit einiger Erfahrung weiß ich aber, dass die physikalische Zusammensetzung der Erden wichtiger ist, als die chemischen Bestandteile. Innerhalb einer tolerablen Bannbreite natürlich. Ein fester Stand ist von Nöten, gute Durchlüftung, das Substrat sollte keine zu große Dichte haben und es sollte leicht bis mäßig sauer sein.
Ich pflanze bis zur Blattbasis, immer in die Mitte des Topfes ein und stelle ihn auf einen umgekehrten Topf ins Wasser. So reicht das Wasser bis zum oberen Rand des bepflanzten Topfes.
(Fortsetzung folgt im nächsten Teil)
…Was für ein unerklärliches Mysterium für einen jungen Mann. Da steht ein Kasten aus Glas in seinem Zimmer, eingelassen in der Nische seiner Schrankwand, die eigentlich für den Fernseher vorgesehen ist. Ein grelles Neonlicht beleuchtet einige fremdländisch aussehende Kräuter, die in Töpfen im Wasser stehen und nur ein neugieriges Schnüffeln unter der Deckscheibe, vermag in ihm, eine nie gekannte Sehnsucht zu entfachen, neben der alles Andere, Bisherige verblasste. Keiner konnte ahnen, wohin das führen würde.
Helge Donath
(Fortsetzung folgt)
 
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