Glutaraldehyd (offizieller Name: Glutaral) ist ein so genannter Altstoff mit vielfältigen gewerblichen und industriellen Verwendungen, u. a. als Gewebefixativ, Zwischenprodukt für Klebstoffe, Dichtungsmittel und elektrische Produkte, zum Gerben von Weichleder und in der Photoindustrie. Aufgrund seiner antimikrobiellen Wirkung wird Glutaraldehyd auch in verbrauchernahen Produkten eingesetzt, z.B. als Desinfektionsmittel in der Humanmedizin und als Konservierungsmittel in Kosmetika. Bei der Erdölförderung wird es als Korrisionsschutzmittel angewendet, da es bereits in starker Verdünnung (5 ppm) gegen Korrosion verursachende Bakterien wirksam ist. Der angekündigte Einsatz von Glutaraldehyd zur Reinigung einer Gaspipeline ist eine biozide Verwendung. Glutaraldehyd wurde als Desinfektions- und Schutzmittel für eine Überprüfung im Rahmen des EU-Arbeitsprogramms für alte Biozid- Wirkstoffe gemeldet, bei der die mit dieser Verwendung verbundenen Risiken geprüft und bewertet werden. Ein Ergebnis ist erst in den nächsten Jahren zu erwarten.
Gemäß der Verwaltungsvorschrift wassergefährdende Stoffe ist Glutaraldehyd unter dem Synonym Glutardialdehyd in die Wassergefährdungsstufe 3 (stark wassergefährdend) eingestuft. Glutaraldehyd ist zwar leicht biologisch abbaubar; zudem dürfte eine Bioakkumulation ausgeschlossen werden können; dennoch wurde Glutaraldehyd aufgrund seiner starken toxischen Wirkung auf Wasserlebewesen im Süßwasser als umweltgefährlich und sehr giftig für Wasserorganismen eingestuft, wobei eine Freisetzung in die Umwelt vermieden, besondere Anweisungen eingeholt bzw. das Sicherheitsdatenblatt zu Rate gezogen werden müssen. Ökotoxikologische Effektwerte von Glutaraldehyd liegen fast ausschließlich für Fische, Wirbellose und Algen des Süßwassers vor. In akuten Toxizitätstests liegen die mittleren effektiven Konzentrationen (EC50) für verschiedene Fischspezies zwischen 10 – 100 mg/L. Insofern kann von einer mäßigen Toxizität für Fische durch Glutaraldehyd ausgegangen werden. Jedoch wurde für die Regenbogenforelle (Salmo gairdneri) ein EC50-Wert von 2,37 mg/L ermittelt, was auf eine toxische Wirkung hindeutet. Die mittleren Effektkonzentrationen für Daphnien (Wasserflöhe) in akuten Tests liegen zwischen 6,6 mg/L und 30 mg/L. Die Langzeituntersuchung für Daphnia magna ergab eine „No observed effect concentration“ (NOEC) von 10 mg/L. Glutaraldehyd ist demnach mäßig akut toxisch für Daphnien und besitzt geringe toxische Effekte auf die Reproduktion von Daphnia magna. Für (Grün-)Algen konnten EC50- Werte von 0,61 – 0,84 mg/L ermittelt werden, was auf eine hochtoxische Wirkung auf Algen hinweist. Für einen marinen Flohkrebs (Chaetogammarus marinus) wurde eine mittlere letale Konzentration (LC50) von 304 mg/L ermittelt, die somit über den Effektwerten für Süßwasser- Wirbellose liegt.
Über die Empfindlichkeit von sonstigen Meeres- oder Brackwasserorganismen sind keine Informationen verfügbar. Das Brackwasser der Ostsee wird von nur wenigen Arten besiedelt, von denen sich einige wegen des für marine Organismen geringen bzw. für Süßwasserorganismen hohen Salzgehalts bereits am Rande ihrer ökologischen Toleranz befinden. Diese könnten daher besonders empfindlich auf weitere Störungen reagieren. Weiterhin sind Fauna und Flora der Ostsee bereits stark durch Schadstoffe belastet. Die Einleitung einer Glutaraldehyd enthaltenden Spülung würde somit in ein besonders empfindliches und besonders gefährdetes Ökosystem erfolgen, was bei einer Risikobewertung im Genehmigungsverfahren berücksichtigt werden muss.