Erfahrungen und Fragen mit und zu Lean-Dosing

Übrigens selbst bei solchen Werten passiert nix schlimmes wenn ich mal paar Tage wegfahre und die Becken nicht ihre gewohnte tägliche Düngeration bekommen. Im schlimmsten Fall werden die Triebspitzen etwas kleiner und/oder die Wuchsgeschwindigkeit verlangsamt sich etwas.
Vielleicht hat's auch damit zu tun das ich die Nährstoffküche Bodengrund in Ruhe lasse und nicht wie manche bekannten Youtuber empfehlen jede Woche wie verrückt mit der Mulmglocke durchs Becken gehe.
 
Hi Christian,

auf jeden Fall kann der Bodengrund puffern. Es gibt genug Sandbecken, bei denen PO4 ebenso verschwindet wie bei Soil. Das kann ich mir noch durch Eisenoxidverbindungen zusammenreimen.
Bei Stickstoff sieht die Sache schon etwas anders aus.
Insgesamt sind die Böden für mich noch eine ziemliche Blackbox...
Gestern im Cube, der hier auch im Forum vorgestellt ist, überall Schwefelwasserstoff in den ersten cm Sand gehabt. Vor allem im durchwurzelten Bereich.
Und das in einem Pflanzenaquarium.
Verstehe ich nicht, aber irgendwas organisches muss da ja gewesen sein, woraus die Energie bezogen haben.

Schöne Grüße
Kevin
 
Hallo,

ja die genauen Prozesse im Boden sind für mich auch eine Blackbox. Ich habe nur festgestellt das meine Becken erst richtig gut laufen wenn der Bodengrund halbwegs gut eingefahren ist und ich ihn weitestgehend in Ruhe lasse.
Gelegentliches rausziehen von Pflanzen lässt sich leider nicht vermeiden aber ansonsten versuche ich dem Boden weder etwas zuzuführen noch zu entnehmen.
 
Hallo,
Es gibt genug Sandbecken, bei denen PO4 ebenso verschwindet wie bei Soil.
Es gibt da auch noch einen Grund hierfür. Jede Pflanzenzelle produziert das Adenosintriphosphat (ATP). Meines Wissens dissoziiert dieses nicht, sondern schwimmt als ganzes Molekül in der Zelle und im Wasser. So gesehen "verschwindet" PO4. ATP wird von der Zelle zum Aufbau von sekundären Nährstoffen (z.B. Glukose) als Energielieferant benötigt. Es wird auch zum Transport von primären Nährstoffen (unsere Dünger) aus dem Wasser in die Zelle benötigt. Der Transport in die Zelle erfolgt über Ionenpumpen, denn der osmotische Druck in der Zelle verhindert eigentlich die Aufnahme der primären Nährstoffe. In allen Fällen oxidiert das ATP zu ADP (Adensoindiphosphat). Damit wird auch noch ein PO4-Ion frei!
Dem noch nicht genug: Im eingefahrenen AQ haben wir ja die Nitrifikation. In dessen zweiten Phase (NO2 -> NO3) ernähren sich die Nitrifikationsbakterien mit der Energie dieser Oxidation. Dabei geben sie aber noch etwas der Energie ab: Diese Bakterien wandeln nämlich das ADP wieder in ATP! Ein zusätzlicher positiver Effekt der Nitrifikation (normalerweise wird ATP in den Mitochondrien innerhalb der Zelle produziert).
Stellt Euch vor wir haben ein AQ mit sehr vielen gesunden Pflanzen. Da wird viel ATP erzeugt und viel ATP verbrannt. Das ist doch auch ein PO4-Killer und zugleich ein PO4 -Puffer.
Grüße
Peter
 
Hallo...

Damit wird auch noch ein PO4-Ion frei!

Nicht wirklich. In der Lichtreaktion der Photosynthese wird ADP zusammen mit dem freigesetzten Phosphat in den Chloroplasten wieder zu ATP synthetisiert ("Photophosphorylierung"). In der Dunkelreaktion wird das Phosphat im Calvin-Zyklus bei der CO₂-Fixierung zur Bildung von Zuckerphosphaten benötigt ("Carboxylierung").

Der ATP-Anteil in der Nassmasse von Wasserpflanzen liegt vielleicht bei 0,005 bis 0,01 %.

Ich hab Bio-LK gehabt, auch wenn der inzwischen 42 Jahre her ist...


Viele Grüße
Robert
 
Hi Peter,

ganz normaler Metabolismus ^^
Ich konnte mit cleanem Boden Phosphat im Sandaquarium über Wochen nachweisbar halten. Das Aquarium war bepflanzter als das hier von Christian gezeigte.
Der Verbrauch korrelierte sehr gut mit Nitrat im Verhältnis 1:10.

Pflanzen als "dauerhafte" Phosphatkiller schließe ich mittlerweile aus. Einlagerungseffekte habe ich jedenfalls noch nicht gesehen.
Eisenoxidverbindungen hingegen schon, und damit wird diese Pufferung auch ziemlich rund.

Schöne Grüße
Kevin
 
Übrigens selbst bei solchen Werten passiert nix schlimmes wenn ich mal paar Tage wegfahre und die Becken nicht ihre gewohnte tägliche Düngeration bekommen. Im schlimmsten Fall werden die Triebspitzen etwas kleiner und/oder die Wuchsgeschwindigkeit verlangsamt sich etwas.
Vielleicht hat's auch damit zu tun das ich die Nährstoffküche Bodengrund in Ruhe lasse und nicht wie manche bekannten Youtuber empfehlen jede Woche wie verrückt mit der Mulmglocke durchs Becken gehe.
Hei, manche Tiere reagieren halt auf "alten Boden" sehr negativ.
Jeden Tag stirbt eine Bienengarnele und Schneckengenäuse werden weiß.
Das kann man verhindern, indem man gewisse Vorgänge im Boden nicht zulässt.
VG Monika
 
Hallo Moni,

meinen Tieren scheint es gut zu gehen aber es kann natürlich sein das da etwas passiert. Gibt's hierfür Erklärungen?
Natürlich sehen bei mir nicht alle Schneckenhäuser makellos aus aber ansonsten kann ich keine negativen Auswirkungen erkennen.
Hat das von dir beschriebene Problem evtl auch was mit Düngung und Ausfällungen im Boden zu tun
Hab mich schon öfters gefragt warum draußen in der Regentonne und meinen Teichen trotz extremen Weichwasser und dicker Schlammschicht Schnecken immer perfekt aussehen.
 
Moin,

ich hatte zwar schon in #11 etwas dazu geschrieben, wollte es aber nochmal etwas weiter ausführen, da die Diskussion doch gut angelaufen ist.

Ich habe meine letzten drei Becken alle lean / sparsam gedüngt. Dokumentiert ist das ganz in diesen drei Threads: Simplicity, Fjell, Offshore.
Zwei der Becken liefen auf Tropica Soil, das dritte wieder auf Sand. Natürlich hat das Tropica Soil Nährstoffe abgegeben, jedoch ist das bei der Gesamtstandzeit von über 4 Jahren bei den beiden Becken irgendwann ausgelaugt und dient nur mehr als Puffer, aber nicht als Quelle.

Bei der Düngung achte ich auf 4 Dinge:
1. Das genutzte Wasser für die Wasserwechsel.
Ich stelle es auf 0-1°dKH, 5-6°dGH und ein Ca : Mg : K Verhältnis von 3-2 : 1 : 1-0,5 ein (siehe dieses Paper). Kalium versuche ich dabei über 8mg/L zu halten, da es sonst bei mir oft zu Problemen kam. Momentan nutze ich entweder das SaltyShrimp GH+ Salz oder das Saltea Caridina, da mir das Prism Tiger Original etwas teuer geworden ist, obwohl es das für mich beste Verhältnis hatte (siehe diese Übersicht). Ins Wechselwasser gebe ich ca. 10mg/L NO₃⁻, da ich damit langfristig die besten Erfahrungen gemacht habe.

2. Die Makro und Mikro Düngung.
Ich gebe meinen Makrodünger in der Regel 5-6x die Woche hinzu. Falls ich unterwegs bin auch nur 2-3x, dann jedoch etwas mehr. Meistens am vormittag, während das Licht erst nach dem Mittag angeht. Ich peile eine Zufuhr von 7-14mg/L NO₃⁻ pro Woche (1-2mg/L pro Tag) an und halte mich mit meinem Dünger grob an ein NO₃⁻ : PO₄³⁻ : K Verhältnis von 10 : 1-0,5 : 5. NO₃⁻ führe ich meistens mittels Mg(NO₃⁻)₂ hinzu, selten mal in Form von CH₄N₂O.
Den Mirkodünger gibt's wöchentlich nach dem WW, ich nutze den Mikro Basic Eisenvolldünger gemäß Anleitung (1ml je 10L).

3. Licht und CO₂.
Neuere Becken bekommen erst nur 6h Licht auf voller Leistung (20klx auf der Oberfläche), im laufe der Zeit gehe ich auf bis zu 9h hoch. CO₂ läuft ab 1h vor Beleuchtungsbeginn bis Ende der Beleuchtung mit einem 20mg/L Dauertest der ein sattes grün anzeigt. Da mein Becken mittlerweile am Südfenster im Wohnzimmer steht, habe ich seitlich eine lichtundurchlässige Acrylplatte angebracht um direkte Sonneneinstrahlung zu vermeiden. Um schnell auf die gewünschten CO₂ Werte zu kommen und gleichzeitig keine Steigerung über den Tag zu haben nutze ich einen schwachen Skimmer mit 180L/h Pumpe.

4. Anreicherung und Abbau von Nährstoffen.
Damit sich nichts anreichert führe ich recht große Wasserwechsel durch, 40-50% jede Woche. Daher wird sich selbst bei keinerlei Verbrauch keine immense Anreicherung ergeben (siehe Nährstoffrechner). Zusammen mit meinen geschätzten Verbräuchen, sollten die über die Woche zugeführten Nährstoffe nahezu komplett aufgebraucht werden. Im Filter setze ich einfach nur auf Keramikröhrchen um keine Denitrifizierung zu fördern; je 50L Beckenvolumen gibt's 1L Keramikröhrchen.


Viele Wege führen zum Ziel, aber erstaunlich ist, dass Dominic ähnliche Mengen zuführt (siehe #42) und Chris in sehr ähnlichen NO₃⁻⁻ : PO₄³⁻ : K Verhältnissen, jedoch in Summe etwas weniger (siehe #16). Vielleicht versuche ich in 3-4 Monaten auch mal die tägliche Zufuhr etwas zu verringern.
 
Hallo Bene,

mich würde interessieren, ob du auch Futter ins Becken gibst oder es reine Pflanzenbecken sind. Ich gebe insgesamt etwas weniger Dünger zu als es du beschreibst, hätte aber nie im Traum daran gedacht, dies als LD zu definieren. Daher denke ich, es ist nicht ohne Relevanz ob und wieviel Futter hinzugegeben wird was indirekt auch als Dünger wirkt.

Viele Grüße
Martin
 
Moin Martin,

Ich füttere, aber recht sparsam. Futter fällt nie auf den Boden und verschwindet auch nicht im Filter. In meinem Aquarienthreads habe ich den Besatz dokumentiert.
 
Hallo,

irgendwie hat anscheinend jeder ne andere Definition was Lean Dosing ist.
Für mich bedeutet es bedarfsorientiert zu düngen sodass sich in der Wassersäule keine hohen Nährstoffwerte anreichern.
Dabei spielt es keine Rolle ob ich täglich 0,05 mg/l Phosphat ins Becken gebe oder 0,5 oder ob ich viel füttere oder wenig.
Entscheidend ist das am Ende des Tages die Nährstoffwerte im Wasser immer auf einem konstant niedrigen Niveau bleiben. Denn sobald sich ein Nährstoff im Laufe der Woche/Monat ohne Ww anreichert ist es eine Überflussdüngung und kein Lean Dosing mehr.
So ist halt meine Definition.
 
In meinem Kellerbecken habe ich es geschafft das in 7 Monaten ohne einen einzigen Wasserwechsel die Werte immer knapp an der Nachweisgrenze geblieben sind ohne das es jemals zu nennenswerten Mangelerscheinungen gekommen ist. Das ist der Idealfall von Lean Dosing.
Mit dem Gegenteil "Estimativ Index" hatte ich nie Erfolg. Das waren meine übelsten Becken.
 
Hallo Christian,

Den EI würde ich nicht zwingend als das Gegenteil bezeichnen. Man fängt zwar sehr satt in der Düngung an, um zu sehen wie die Pflanzen unter Vollversorgung aussehen, dann soll man aber die Düngemenge nach und nach reduzieren bis sich das Aussehen der Pflanzen verändert. Eventuell kommt das sogar auf ähnliche Werte raus. Der Nachteil am EI ist nur, dass die Pflanzen vermutlich die zugeführten Dünger nicht in gleicher Menge verwerten und sich deshalb einige anreichern werden, dies muss man durch Wasserwechsel verhindern.

Gruß
Martin
 
Oben