Hallo Nik,
Meine Sicht unterscheidet sich in einem Punkt entscheidend. Externe Filterung muss bei einem gegebenen organischen Angebot für die Mikroflora (Bakterien, Pilze) zu ihrer teilweisen Verlagerung in den Filter führen! Jetzt kommen die beiden Probleme, die ich damit habe. Zum einen finden die Mineralisierungsprozesse, bis zum Chelateabbau weit weg vom System statt und zum anderen führt die exponierte Position der Mikroflora zu einer Verstärkung dieses Prozesses.
warum ist in einem der üblichen Außenfilter der Mineralisierungsprozess "weit weg vom System"? In den Aquarien, die ich kenne, sind Filter innen oder außen in jedem Fall eng mit dem "System" verbunden, bzw. sind in allen Fällen Teil des Systems.
Außerdem kommt es in üblichen Filtersystemen nicht zu mehr Chelatabbau als in anderen Teilen des Systems. Ob sich Bakterien auf Chelate spezialisieren, hängt nicht von ihrem Aufenthaltsort innerhalb des Systems, sondern von der Menge und Art der Chelate ab. Wenn ein Aquarium nahezu filterlos betrieben wird, aber mit der gleichen Menge an organischem Material beschickt wird, müssen und werden sich die Mikroorganismen andere Substrate suchen, um ihre "Arbeit" zu verrichten. Im Zweifelsfall eben auch die Oberfläche der Pflanzen. Für die gleiche Leistung und die gleiche Menge zu verarbeitender Stoffe ist aber auch die gleiche Menge Mikroflora notwendig. Die Konsequenz wäre eine Menge Mikroflora auf den Pflanzen und allen anderen Teilen des Aquariums, die dem üblichen Filterschlamm entspräche. Ich bin sicher, dass dies niemandem gefallen würde.
Chelatabbau und Denitrifikation sind im Pflanzenbecken idR unerwünscht. Was da mit den Spurenelementen passiert ist mir schon wegen der fehlenden Messbarkeit ziemlich diffus, es ist aber meine - für mich sichere - Erfahrung, dass Filterung öfters einen ziemlich ungünstigen Einfluss auf die Spurenelementeverfügbarkeit haben kann. Die Pinsel- und Bartalgen sind mir dafür offensichtlicher Zeiger.
Warum willst Du mich immer in die Ecke der Filterfetischisten rücken? Ich habe noch nie und nirgendwo die Bedeutung der Filterung groß herausgestellt. Ganz im Gegenteil - ich werde seit mehreren Jahrzehnten nicht müde, den Leuten zu erklären, dass ich den Filter für das am meisten überschätzte Teil eines Aquariums halte. Und ich lebe diese Einstellung auch vor, indem ich selbst Filterung mehr oder weniger zur Wasserbewegung degradiert habe.
Ein geringgefiltertes Weich-/Altwasserbecken mit absurd hohen Sauerstoffgehalten (jenseits der Messbarkeit mittels des Dupla O2-Tests) funktionierte auf Dauer mit geringem Futtereintrag und sehr geringer Düngung.
Dann war Dein Test verdorben oder falsch ausgeführt. Ein Altwasserbecken mit "absurd" hohem Sauerstoffgehalt führt, wenn es denn tatsächlich existieren würde, automatisch zu einer ebenso absurd hohen Redoxspannung und zur Oxidation von Spurenelementen. Absurd hoher Sauerstoffgehalt liegt weit über 100 %, also bei 25 °C Wassertemperatur weit über 8,3 mg/l. Das schaffen nur Pflanzen oder Algen mit extremem Wachstum, was wieder viele Nährstoffe in verfügbarer Form bedingt. Wo sollen die herkommen bei geringer Fütterung und "sehr geringer" Düngung? Deshalb kann an diesem Beispiel etwas nicht stimmen.
Bewuchs und Pflanzen sehe ich auch anders. Dass die Pflanze sich gegen Algen wehrt, steht außer und Frage und macht wegen der direkten Konkurrenz Sinn, aber mit der Mikroflora kommt sich die Pflanze nicht in die Quere. Die Mikroflora bedient sich der organischen Stoffe, die Pflanze sich der mineralischen. Die Mikroflora hätte sogar Zulieferfunktion direkt vor Ort.
Das wird langsam kabarettistisch. Die Mikroflora braucht Nahrung, wenn sie der Pflanze etwas liefern soll. Woher nehmen und nicht stehlen? Die Bakterien und Pilze machen aus organischen Teilchen erst mineralische, gelöste Stoffe, welche die Pflanzen aufnehmen könnten. Dazu brauchen sie also "Input". Der sähe auf den Pflanzen nicht besonders attraktiv aus. Außerdem würden dann latent vorhandene Algen schneller als die Pflanzen profitieren. Genau das ist ja auch in fast allen veralgten Aquarien der Fall.
Übrigens sind in einem algenperformanten Aquarium auch nur die jüngsten Blätter algenfrei. "Mittelalte" werden schon deutlich besiedelt. Könnte man genauso sehen wie Mikroflora. Liefe dann wieder auf die von mir unter aquaristischen, üppigen Verhältnissen(!) vermutete Algensuppression als bedeutsamen Faktor hinaus.
Aha, das ist Dir also auch schon aufgefallen. Bliebe noch der Beweis zu liefern für Deine Vermutung, vor allem, wenn Du Deiner geliebten Mikroflora nicht nur das Filtersubstrat, sondern auch noch die Pflanzen als Besiedelungsfläche nehmen willst. Ich bin nach wie vor gespannt.