Hallo Robert,
in meinem uralten Buch zu Metallchelatverbindungen fand ich Beschreibungen zu Tieren gespritzten Chelaten, die sogar die Metalle aus Enzymen rissen, was je nach Essenzialität entsprechende Schäden zeitigte. Das sind Extreme. Chelatoren ist ein sehr weites Feld. Die künstlichen, aquaristisch relevanten, sind schon auch eine Spezialität.
Ich bin meine Lektüre zum "gärtnerischen Pflanzenbau" durchgegangen und habe erwartungsgemäß nichts zum Aufnahmemechanismus von Metallchelatkomplexen gefunden.
Wuestenrose":20zacy4f schrieb:
Was aber meiner Literatur nach nur an den Wurzeln abläuft, ist die Eisenaufnahme gemäß
Strategie 1. Da findet die Eisen-Reduktion tatsächlich außerhalb der Pflanze in der Rhizosphäre statt und die Pflanze nimmt das reduzierte Fe
2+ auf, das in der Pflanze dann sogleich wieder zu Fe
3+ oxidiert und Chelat verschiedener, pflanzeneigener Chelatoren weitertransportiert wird.
Ja, der Wurzelbereich lässt sich plausibel ohne künstliche Chelatoren erklären/nachlesen. Meine Betrachtung richtet sich schwerpunktmäßig auf die künstlichen Metallchelatkomplexe und deren Aufnahme über's Blatt.
Wie wird die Pflanze denn die sich sukzessive immer weiter ansammelnden Metall-Chelatkomplexe wieder los?
Genauso, wie der Komplex in die Pflanze hineinkommt. Metallchelate haben im Gegensatz zu ihren dissoziierten Kollegen den Vorteil, daß sie sich nicht an Potential- oder pH-Wert-Gradienten entlang hangeln müssen.
Ich habe einfach Zweifel, dass eine Selektivität für Nährstoffe daraus entsteht, dass ein Chelator, natürlich oder nicht, mit irgendeinem Metallion herumschwimmt und die Pflanze die Futterluken sofort aufreißt und sich sagt, oh, ein Chelat, schau ich mir mal die Fracht von dem Komplex an. Die Selektivität wird so spezifisch bzw. unspezifisch sein, wie sie für unchelatierte Metallionen auch ist.
Nun nimmt die Pflanze künstliche Chelate auf, die sie mit eigenen Mitteln nur sehr schlecht bis gar nicht zerlegen kann. Wenn die Pflanze sie nicht zerlegen kann, ist es nahe liegend das blöde künstliche, stabile, unnütz herum vagabundierende, das Metallion je nach Bindungsstärke wechselnde Chelat einfach wieder hinaus zu befördern. Also nimmt die Pflanze einen Chelatkomplex auf, die Chance auf Eisenfracht ist wegen der hohen Bindung von Fe+++ durchaus höher, reduziert es enzymatisch, das Chelat hat ja keinen Einfluss auf die Ladung seiner Fracht, und das nun 2-wertige Fe wird von allen Metallionen mit höherer Bindungskonstante verdrängt und das sind fast alle.
Also Metallchelatkomplex rein, Metallion wechsel dich und hinaus damit.
Das wirft schon Fragen bezüglich "rein" und noch mehr bezüglich "raus" auf.
Unter anderem ob Pflanzen die großen Metallchelatkomplexe so präferieren oder ob das nur eine mögliche Variante ist. Da die Chelate keinen Einfluss auf die Wertigkeit der gebundenen Metallionen haben, aber z.B. die Fe-Ionen in einem von verschiedenen Faktoren abhängigen Verhältnis von (sehr wenigen) 2-wertigen und einer großen Menge 3-wertigem Fe vorliegen(, chelatiert oder nicht), werden die 2-wertigen Fe-Ionen z.B. von den allgegenwärtigen Ca-Ionen verdrängt. Das dann freie Fe kann verbraucht werden oder fällt aus, was auch immer. Da das Verhältnis von 2- zu 3-wertigem Fe den Umständen entsprechend fest ist, wird immer 2-wertiges Fe nachgebildet. Die Chelatoren können so stabil sein wie sie wollen, es rieselt immer ein wenig Fe aus ihnen - sogar verbrauchsabhängig! Auch tricky.
Das würde ich nicht als sicher hinstellen wollen, wirkt schlicht nahe liegender und wirft erheblich weniger Fragen auf als der pflanzliche Umgang mit aufgenommenen künstlichen Chelatoren.
Das lässt Betrachtungen zu organischen, wenig stabilen Chelatoren außen vor, bei denen die bakterielle Zersetzung schneller geht als die Aufnahme der Chelatkomplexe durch die Pflanze - bei stärkerer Wirkung. Oder ein Dünger wie der Seachem Flourish, der nur Eisengluconat enthält und die restlichen SE überhaupt nicht chelatiert hat.
Das kann man noch weiterspinnen, wenn man nicht mal Eisen chelatiert und die die Eisenfällung fördernden Umstände, Beispiel Phosphat, minimiert - was ich ja sowieso für sinnvoll halte.
Wie der wunderbaren theoretischen Betrachtungen auch immer sei, die von mir auch, durchaus häufig verwendeten mehrfach stabil, künstlich chelatierten AR Basic oder Kramerdrak funktionieren. Interessanter ist ohne Zweifel schwach bis gar nicht chelatiert.
Gruß, Nik